Remchingen, 14,12,2020
Sehr geehrter Herr Landrat,
werte Kolleginnen und Kollegen,
der Kreishaushalt 2021 steht natürlich unter dem Blick und den Einwirkungen der Corona Pandemie. Es ist es begrüßenswert, dass unser Vorschlag, den wir schon vor Wochen gemacht hatten, nämlich auf das Vortragen der Haushaltsrede zu verzichten, nun doch noch Gehör gefunden hat.
Mit einer gewissen Sorge blicken wir in die Zukunft, da wir die problematischen Jahre erst in der Zukunft sehen, nicht derzeit. Die FWV stellt sich auf schwierigere Jahre ein. Insofern war es nur konsequent und richtig, dass die Liquidität des Kreises dieses Jahr nicht komplett aufgebraucht wurde.
Die Leistungsgesetze im Sozialbereich werden unsere Finanzen sehr stark fordern, auch weiterhin die Solidarität der Städte und Gemeinden einfordern, was nicht immer einfach werden wird. Als Stichwort sei hier auch das neue Bundesteilhabegesetz BTHG genannt. Sicher, bei der Entstehung waren gute Absichten erkennbar. Aber dass dann so ein Bürokratiemonster entstand, war nicht vorhersehbar. Auch hier müssen die von Bund und Land zugesagten Fortschreibungen konsequent weiterverfolgt werden. Ankündigungen von Verbesserungen müssen real erfolgen. Es kann nicht angehen, dass letztendlich finanziell ein Teil der Kosten am Enzkreis hängen bleibt.
Im Übrigen stehen natürlich zahlreiche Aufgaben an, denen wir uns in gewohnter, sachorientierter Weise stellen werden.
Einer der wichtigsten Punkte, die einer Lösung zugeführt werden müssen, ist die Zukunft unserer Schülerinnen und Schüler der Gustav-Heinemann-Schule, die aus bekannten Gründen ja geschlossen werden musste. Hier muss dieses Gremium zeitnah eine Entscheidung zur Standortfrage treffen. Es geht hier um Menschen, die man als etwas Schwächere bezeichnet und die das gleiche Anrecht auf Teilhabe besitzen, wie andere auch. Der Enzkreis hatte schon immer eine soziale Handschrift unter allen Landräten und auch die Umsetzung der Inklusion ist schon lange keine Phrase mehr. Zahlreiche Städte und Gemeinden unterstützen hier den Landkreis und auch dafür gehört einmal „Danke“ gesagt.
Wir sind sicher, dass wir in naher Zukunft eine Lösung der Standortfrage seitens der Verwaltung präsentiert bekommen und wir werden die beste Lösung favorisieren.
Auch unsere Kliniken sind nach wie vor ein wichtiger Stützpfeiler im Enzkreis. Man stelle sich vor, unsere Gesundheitseinrichtungen würden gerade jetzt in dieser Pandemie nicht existieren….
Einmal mehr jedoch macht sich bemerkbar, dass die Krankenhausfinanzierung seitens Bund und Land völlig unzureichend ist. So hat auch das Krankenhausentlastungsgesetz nur punktuell gegriffen und die Finanzen der Kliniken gestützt. Bedingt durch den Lockdown und das Verschieben zahlreicher Behandlungen, ist eine finanzielle negative Situation eingetreten, die nicht mehr wettgemacht werden kann. Dass dann noch ab dem 30.09. die Pauschalen entfallen sind, obwohl jeder wusste, wir schlittern in die zweite Welle, lässt tief blicken.
Von daher fordern wir Bund und Land auf, bessere Rahmenbedingungen für Kliniken zu schaffen. Ein Krankenhaus ist weit mehr als ein betriebswirtschaftliches Unternehmen, es kümmert sich um Menschen.
Den Weg der Spezialisierungen der einzelnen Standorte gehen wir gern mit, solange es darstellbar bleibt.
Im Bereich des ÖPNV sollen ja weitere Untersuchungen, einmal westlich und einmal östlich gemacht werden, ob Schienenstrecken ausgeweitet werden könnten. Wir sind auf die Ergebnisse gespannt.
Im Bereich Breitband ist nunmehr ein Betreiber gefunden, die Vergabe der ersten innerörtlichen FTTB-Ausbauarbeiten steht unmittelbar bevor und auch die Ausschreibung für das Backbonenetz ist auf der Zielgeraden.
Die im Zweckverband Breitbandversorgung im Enzkreis organisierten Kommunen sind dem Bund dankbar für Förderzusagen in Millionenhöhe. Wenn jetzt endlich auch das Land seine Hausaufgaben macht und – wie vollmundig propagiert – unbürokratisch die nötige Ko-Finanzierung bewilligt, könnte es etwas schneller gehen mit dem schnellen Internet.
Endlich scheinen auch die Förderbedingungen in der Realität anzukommen – die Anhebung der Aufgreifschwelle von 30 auf 100 Mbit/s ist ein erster Schritt, doch erst mit der gänzlichen Entfall ab dem Jahr 2023 werden gigabitfähige Glasfaseranschlüsse wirklich bis in jedes Haus möglich.
Wie groß der Nachholbedarf in Sachen Breitband ist, hat die Pandemie beängstigend eindrucksvoll offengelegt.
Sehr erfreulich ist auch, dass nun endlich das ebz zu einer regionalen Klimaschutz und Energieagentur weiterentwickelt wird. Die Ausstattung mit Personal ist nur folgerichtig. Das breite Spektrum des geplanten Beirats zeigt einmal mehr, dass auch junge Menschen dort eine Stimme haben.
Was unsere Bürgerinnen und Bürger dieses Jahr am meisten bewegt, ist die Zukunft der Abfallwirtschaft.
Bleiben denn die grünen Tonnen oder werden die abgeschafft? – ist eine Frage, die den Kreisräten häufig gestellt wurde. Ein System, das schon seit Jahrzehnten erfolgreich in den Haushalten angewandt wurde.
Die Freien Wähler setzen sich weiter dafür ein, dass das System in seiner grundlegenden Form weitgehend erhalten bleibt. Nicht ausgeschlossen werden kann, dass kleine Änderungen im Bereich des Sammelns von Glas vielleicht erforderlich werden. Das bewährte Holsystem in den Haushalten ist auf jeden Fall zu erhalten, dafür machen sich die Freien Wähler stark.
Die FWV Fraktion, als größte Fraktion im Kreistag, wird dem nunmehr modifizierten Antrag mit einem Hebesatz von 27,2 zustimmen. Dies kommt auch unserem Vorschlag, den wir vor Wochen genannt hatten, nämlich 80 Mio. Kreisumlage, mit 79,65 Mio. sehr nahe.
Sehr geehrter Herr Landrat, ein für alle schwieriges Jahr 2021 steht bevor. Der jetzt kommende harte Lockdown wird in Teilen der Bevölkerung die Stimmung nicht heben – aber man muss die Frage stellen, welche Alternativen es gibt. Besserwisserei und Nörgeln löst keine Krise.
Die FWV wird auch künftig die Arbeit der Kreisverwaltung gern begleiten, kritisch, auf Augenhöhe und von gegenseitigem Respekt gekennzeichnet. Auch missbilligen wir, dass nichtöffentliche Informationen von einigen wenigen hinausposaunt werden – das ist ein schlechter Stil und mit nichts zu rechtfertigen.
Wir wünschen besinnliche Weihnachten, Zeit, um über vieles im kleinen Rahmen nachzudenken. Wir danken den Kolleginnen und Kollegen im Kreistag, der Kreisverwaltung für die gute Arbeit unter diesen schwierigeren Bedingungen.
Vor allem bedanken möchte sich die FWV bei denen, die stets alles getan haben, um der Pandemie Einhalt zu gebieten. Denen gebührt dieses Jahr unser großer Respekt und Anerkennung.
Bleiben Sie alle gesund – ein frohes Fest und einen guten Rutsch ins Neue Jahr 2021.
Ötisheim, im Dezember 2020
Werner Henle
FWV Fraktionsvorsitzender