Pforzheim, 11.12.2023

Sehr geehrter Herr Landrat,
verehrte Damen und Herren des Kreistags,
verehrte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Landratsamtes,

alle Jahre wieder kommt nicht nur Weihnachten ganz plötzlich oder die Bescherung durch das Christkind sondern auch unsere Haushaltsreden, wie in allen Landkreisen unseres Landes.

Herr Landrat, Sie hatten ja den MP zitiert, wie er beim Jubiläum des Gemeindetags dazu aufrief, auch Positives zu vermerken, damit die Menschen nicht von den vielen Hiobsbotschaften erdrückt werden.

Nun – Positives….

Wir sind heute alle hier, das ist schon mal positiv. Wir werden uns nachher auf die 31,5% Kreisumlage einigen, bzw. haben wir ja bereits, sehr positiv. Wir sind willens und fähig, die Situation einigermaßen in den Griff zu kriegen. Nun – wir langen einmal mehr den Städten und Gemeinden in die Tasche und das ist nicht ganz so positiv, zumal ja die KU real um 15 Mio. ansteigt und trotzdem der Kreishaushalt noch mit einem Minus von 6 Mio. verabschiedet werden soll.

Besorgniserregend bleibt, dass die bereits früher von uns ins Spiel gebrachten stetig steigenden Ausgaben im Sozialen geradezu explodieren. Von 2023 auf 2024 eine Zunahme um 14 Mio., von 2020 bis 2024 um 51 Mio., bei jetzt gesamten 202 Mio. – satte 25% Zunahme, auch wenn größtenteils Erstattungen dahinerstehen, dennoch sind es Steuergelder.
Kaum mehr Steuergelder vom Land gibt es für unsere Kliniken, das sei hier einmal nur angemerkt. Erfreulich und damit positiv, dass es Ihrer Verwaltung gelungen ist, Herr Landrat, durch Controlling im Bereich des Jugendamtes stattliche 1,4 Mio. Euro eingespart werden konnten. Und so tragen doch die Bemühungen Früchte, das sollte man schon nochmals hervorheben. Denn, meine Damen und Herren, niemand weiß, wie sich Fälle entwickeln. So kann es durchaus sein, das 2,3 oder 4 Fälle mit entsprechenden Beeinträchtigungen hierher in den Enzkreis ziehen und am Ende des Jahres mit mehreren hunderttausend Euro zu Buche schlagen.

Verlassen wir das große Gebiet Soziales und lenken den Blick auf ÖPNV, Verkehrswende und dergleichen. So bleibt zu hoffen, dass irgendwann der Durchbruch mit der Finanzierung beim Deutschlandticket gelingt. Besorgniserregend bleibt, dass immer öfters die eigenwirtschaftliche Bedienung von Buslinien zurückgegeben wird, was wiederum zu einem stetig steigenden Finanzbedarf beim ÖPNV führen dürfte. Deren Personalsorgen seien nur am Rande erwähnt.

Wunsch und Wirklichkeit sind eben doch manchmal weit voneinander entfernt. Bei uns im ländlichen Raum werden die Bürgerinnen und Bürger noch sehr lange auf den Individualverkehr zurückgreifen. Eine Stadtbahn in Pforzheim nach Westen mag eine schöne Vision sein, ebenso die Verlängerung oder Reaktivierung der Zabergäubahn und auch der Anschluss in einem ersten Schritt an den KVV – billiger wird es für den Enzkreis nicht werden. Ohne weitere finanzielle Beteiligungen des Landes klappt es nicht, denn es ist dessen Aufgabe. Die derzeit diskutierte Nahverkehrsabgabe ist für mich ein Witz. Man schiebt den schwarzen Peter den Städten und Landkreisen zu: holt mal kräftig Geld bei euren Bürgerinnen und Bürgern. Wir diskutieren, ob 20 Euro Erhöhung jährlich bei den Abfallgebühren möglich sind und setzen schon mal in die Welt, naja, bis zu 60 Euro monatlich könnte der ÖPNV schon kosten….

Es wird enden wie bei den Kliniken, meine Damen und Herren, dies ist meine ganz feste Überzeugung, wir werden immer mehr Geld bringen müssen.

Niemand unserer Fraktion bestreitet, etwas für den Klimawandel tun zu wollen bzw. sich darauf einzustellen. Für uns stehen Beschaffungen im Bereich Katastrophenschutz außer Frage. Wir wünschen uns auch, insbesondere ich, dass dem Katastrophenschutz weitere Impulse folgen, Beispiel Sirenenförderprogramm. Wo bleibt die zweite Förderrunde?

Klimawandel – Wärmeplanungen der Städte und Gemeinden. Weniger positiv – Bundesförderprogramm gestoppt, ähnlich wie dieses Frühjahr das Wohnbauförderprogramm.

Abgesehen davon, dass der Großteil der Arbeit dann an den Kommunen hängen bleiben wird, die arbeiten nämlich gewaltig zu, liefern alle möglichen Daten, ist eine vorab erstellte erste Wärmeplanung nur ein erster Schritt. Danach geht es in die eigentliche Konzeption, was kann man konkret in jeder Kommune umsetzen und das wird uns viel Geld kosten.

Ich wünsche mir einfach mehr Gelassenheit, gesunden Menschenverstand und Geduld anstatt Betonkopfpolitik. Ebenso realistische Ziele und keine nicht erreichbaren Visionen. Dann würde man nämlich viele Bürgerinnen und Bürger mehr mitnehmen und der stetig steigenden Politikverdrossenheit entgegentreten. Bsp. Mobilitätsgarantie von 05.00 bis Mitternacht, jedes zweite Auto bis 2030 klimaneutral, Treibhausemmissionen bis 2030 um 55% verringern – alles utopisch.

Zurück zum Enzkreis. Unsere Kliniken werden wir weiterhin unterstützen. Es ist kaum vorstellbar, keine Gesundheitsversorgung in Mühlacker oder Neuenbürg zu haben. Bei 200 Mio. Sozialleistungen sind die Beträge für die Kliniken gerechtfertigt. Schließlich dienen die jedermann und jeder von uns kann in eine Situation kommen, in der er Hilfe benötigt.

Die Erhöhungen im Abfallsektor tragen wir mit, jahrelang konnten wir hier gut haushalten.

Nochmals zu den Finanzen insgesamt. Zuallererst Herr Landrat, spricht die FWV der Verwaltung des Landkreises Ihren Dank für die Arbeit in allen Bereichen des Verwaltungshandelns aus. Eine Verdoppelung der anspruchsberechtigen Wohngeldfälle und das erfolgreiche umsetzen sprechen Bände.

Dankbar sind wir auch über einen HH Entwurf, der von Herrn Stephan mit seinem Team erstellt, große Einsparungen selbständig vorgenommen wurden und mit Ihnen Herr Landrat, eine Kreisumlage vorgeschlagen wird, die akzeptabel ist. 

Wir sind froh mit Herrn Stephan und seinem Team, der seine Arbeit ehrlich, transparent und gewissenhaft vornimmt.

Positiv ist, dass es ein Verfassungsgericht gibt, dass der Laienspielgruppe in Berlin die Grenzen der Macht aufgezeigt hat. Denn wir hatten echt überlegt, ob wir nicht auch den Notstand ausrufen und ein paar Schattenhaushalte kreieren …..

Mein eigentliches Anliegen.

Mit schöner Regelmäßigkeit kommen die Freiwilligkeitsleistungen zur Sprache und sollen überprüft werden. Tatsache ist, dass der Enzkreis mit seinen pro Kopf Sozialleistungen in Baden-Württemberg auf den hinteren Plätzen liegt. Ein Grund dürfte höchstwahrscheinlich das sogenannte niederschwellige Angebot in Form von Hilfen, Beratungen und ähnliches sein. Messbar ist das nicht.

Wenn Sie sich einmal den Freiwilligkeitskatalog anschauen, er steht im Ratsinfosystem, 23 Seiten groß, fällt auf, dass die Leistungen mit f=freiwillig oder bf=bedingt freiwillig gekennzeichnet sind.

Die Summe aller Freiwilligkeitsleistungen beträgt auf den ersten Blick stattliche 15 Mio. Euro. Allein im Teilhaushalt 5 sind es 7,6 Mio. für den ÖPNV. Bleibt ein Rest von ca. 7,5 Mio. Euro an freiwilligen Leistungen. Und ich bin gespannt auf die Diskussion nächstes Jahr der Haushaltskommission oder so, ob dann mal jemand auch einen Vorschlag einbringt und sagt, wir können den Takt von 15min. auf 60 min. verlängern und sparen dann richtig Streckenkilometer ein. Das alles vor dem Hintergrund der wahrscheinlich weniger werdenden Eigenwirtschaftlichen Linienführung.

Im Teilhaushalt 3 haben wir einen Betrag von 3,6 Mio. Hier reden wir von Jugendförderung, Beratung, alles soziale Angebote – bf.(=bedingt freiwillig).

Übrig bleiben weniger wie 3 Mio.

Teilhaushalt 2 befindet sich die integrierte Leitstelle und Suchtkrankenhilfe mit 1,2 Mio.

Rest 1,7 Mio. etwa ganz grob.

VHS 200T, Jugendmusikschule 200T, und alle einzigartigen und einmaligen Einrichtungen des Enzkreises

Theater PF, Waldensermuseum, Faustmuseum, Klosterkonzerte, pro arte, Musik und Kulturpflege

1 Mio. echt freiwillig und 370 Mio. Volumen Haushalt

Usw.

Meine Damen und Herren, was leider viele hier im Saal nicht mehr merken, wir sind längst Handlanger der sog. großen Politik geworden. Unser Enzkreis ist einzigartig, wie er ist und was er ist. Wir treffen uns immer wieder an den Freiwilligkeitsleistungen, die verschwindend gering sind. Das Korsett der Leistungsgesetze wird größer und enger – jedes Jahr. Unser Invest dümpelt bei 10 Mio. herum, zieht man mal die beiden außerplanmäßigen Flüchtlingsunterkünfte dieses Jahr ab. Und auch hier nur ganz kurz bemerkt, wir glauben nicht, dass sich beim weiteren Flüchtlingszuzug etwas gravierend verändert, siehe jüngste Zahlen.

Glaubt denn jemand das würde dem Enzkreis helfen? Ich habe vor 10 Jahren die Diskussionen genauso geführt, sehe aber keinen Sinn darin, Frust wegen pauschaler Kürzungen zu erzeugen. Es dürfte keine Gemeinde oder Stadt im Enzkreis geben, die indirekt vom Enzkreis nichts bekommt.

Herr Landrat, wie bereits im VWA angekündigt wird die FWV mit ganz großer Mehrheit dem Haushalt 2024 zustimmen. Bei den einzelnen folgenden Punkten der TO ist das Abstimmungsverhalten individuell.

Schauen wir positiv nach 2024 – 2025 und 2026 wird dann schon eine andere Herausforderung.

Wir bedanken uns bei allen Kolleginnen und Kollegen, bei allen Mitarbeitern, Ihren Dezernenten und Ihnen Herr Landrat, wünschen gesegnete und friedvolle Weihnachtstage uns allen und hoffen, wir sehen uns gesund wieder.

Ötisheim, im Dezember 2023

Werner Henle
FWV Fraktionsvorsitzender

Close
Go top